Saturday, January 21, 2006

Kommunikation

Einführung der Kommunikationen als Grundelemente sozialer Systeme.
Kommunikationen werden in Handlungen konkretisiert, die den Akteuren zugerechnet werden. Wenn Akteure einander treffen, werden sie mit dem Problem der doppelten Kontingenz (Zufälligkeit) konfrontiert. Dies ist die Ausgangssituation, in der die Akteure für einander Bedeutung erlangen. Was Ego tut, wird für Alter bei der Planung seiner Handlungen sehr wichtig. Was immer auch Ego tut, hat für Alter eine Bedeutung. Die Bedeutung von Egos Handeln ist eine Auswahl aus einer vielzahl von Möglichkeiten. Sie impliziert einen fundamentalen Unterschied, nämlich den Unterschied zwischen dem, was tatsächlich existiert und den vielen Möglichkeiten, die existieren könnten. Außerdem gibt es einen Unterschied zwischen der Identität der tatsächlichen Bedeutung des Hier und Jetzt und dem Unterschied innerhalb der vielen alternativen Möglichkeiten, die anders geartet sind. Dieser grundlegende, doppelte Unterschied in der Erfassung und Verarbeitung von Sinn ist die treibende Kraft für die Kommunikation.
Sinn ist stets eine Auswahl zwischen Alternativen und bezieht sich trotzdem auf diese Alternativen, die als künftige Möglichkeiten weiterhin Bestand haben. Die Verarbeitung von Sinn setzt einerseits Grenzen durch Auswahl, erweitert aber andererseits den Handlungshorizont, weil sich die Auswahl von Sinn auch auf das bezieht, was nicht ausgewählt wurde, aber hätte gewählt werden können oder noch gewählt werden könnte. Aufgrund dieser doppelten Natur der Reduktion und Produktion von Komplexität hat auch die Verarbeitung von Sinn einschränkende und erweiternde Auswirkungen auf nachfolgende Handlungen: Sie schränkt den Spielraum für sinnhafte Anschlüsse an den übertragenen Sinn ein, präsentiert aber auch eine ganze Reihe von Alternativen, die aufgegriffen werden könnten, um die Interaktion fortzusetzen.
Diese Spannung (Unterschied) zwischen tatsächlichem und möglichem Sinn ist die Kraft, die alle Kommunikation davor bewahrt, in einem Konsens zu enden und sie statt dessen vorwärts treibt; ihre endlose Aufgabe ist dabei der Abbau von Komplexität durch Auswahl von Sinn und Steigerung der vorstellbaren Komplexität durch gleichzeitigen Bezug auf das, was hätte ausgewählt werden können und noch ausgewählt werden könnte.
Konsens wäre somit das Ende der Kommunikation.

Auszug aus Walter Münch's Abfassungen zu Niklas Luhmanns Systemtheorie

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